Widerruf der Dienstwagennutzung – Praxisleitfaden zum BAG-Urteil vom 12.02.2025

BAG-Urteil 12.02.2025: Wann Arbeitgeber die Privatnutzung eines Dienstwagens widerrufen dürfen, welche Grenzen gelten und wie Nutzungsausfall entschädigt wird.

ARBEITSRECHT

Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.

7/22/20251 min lesen

black Volkswagen Beetle beside beige wall
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Ein leitender Angestellter durfte seinen Dienstwagen privat nutzen. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, die den Widerruf der Privatnutzung bei Kündigung und gleichzeitiger Freistellung zulässt. Nach betriebsbedingter Kündigung entzog der Arbeitgeber den Wagen mitten im Monat. Der Mitarbeiter verlangte Nutzungsausfallentschädigung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab ihm anteilig Recht.

Kernaussagen des Urteils

  • Widerrufsklausel wirksam
    Ein vertraglicher Vorbehalt ist zulässig, wenn …

    • er transparent formuliert ist,

    • sachliche Gründe nennt (z. B. Freistellung nach Kündigung),

    • den Arbeitnehmer nicht unzumutbar benachteiligt.

  • Billiges Ermessen (§ 315 BGB)
    Die Ausübung muss fair sein. Bei pauschal versteuertem Dienstwagen ist wegen der Monatsbesteuerung ein Widerruf regelmäßig nur zum Monatsende ermessensgerecht. Andernfalls trägt der Beschäftigte Steuerlast ohne Nutzung.

  • Keine Änderungskündigung nötig
    Entfällt die Privatnutzung, wenn sie < 25% des Gesamtverdienstes ausmacht, genügt der Widerruf; eine Änderungskündigung ist nicht erforderlich.

  • Entschädigung bei unbilligem Widerruf
    Entzieht der Arbeitgeber den Wagen zu früh, schuldet er Nutzungsausfall als Bruttobetrag – hier für neun Tage im Mai.

Bedeutung für Arbeitgeber

  1. Klauseln prüfen

    • Klare Widerrufsgründe festschreiben: Kündigung + Freistellung, Fehlverhalten, lange Krankheit.

    • Transparente Formulierung: Richtung des Widerrufs muss erkennbar sein.

  2. Widerruf richtig ausüben

    • Regelmäßig zum Monatsende widerrufen, um Steuerlast auszugleichen.

    • Interessenabwägung dokumentieren (Dienstfahrten entfallen, Wagenkosten).

  3. Freistellung überlegen
    Bei längerer Kündigungsfrist kann eine arbeitsvertragliche Freistellung sinnvoll sein, allerdings erst dann den Wagen entziehen.

Tipps für Arbeitnehmer

  • Vertragsklausel checken: Ist sie konkret? Fehlen Widerrufsgründe, kann sie unwirksam sein.

  • Steuerliche Nachteile belegen: Entzug innerhalb des Monats kann Entschädigung begründen.

  • Frist wahren: Ansprüche (Nutzungsausfall, Schadensersatz) zügig geltend machen.

    Gestaltungsempfehlungen für neue Verträge

  • Widerrufsgründe aufzählen: Kündigung/Freistellung, vertragswidrige Nutzung, Krankheit > 6 Wochen.

  • Auslauffrist verankern: „Widerruf wirkt zum Monatsende“.

  • Steuerklausel aufnehmen: Arbeitgeber trägt Mehrbelastung bei Widerruf vor Monatsende.

  • Ermessenskriterien definieren: Kosten, Versteuerung, Dauer der Restlaufzeit.

6 Fazit

Das BAG bestätigt: Arbeitgeber dürfen die Privatnutzung eines Dienstwagens widerrufen, wenn sie klare Klauseln nutzen und ihr Ermessen fair ausüben. Wird der Wagen jedoch übereilt entzogen, entstehen Entschädigungsansprüche. Klare Verträge und ein Widerruf erst zum Monatsendeminimieren Risiken für beide Seiten.