Praxisleitfaden: Bezeichnung des Mietgegenstandes im gewerblichen Mietvertrag über zu errichtende Räume

Präzise Bezeichnung des Mietgegenstandes, Schriftform & Mietfläche: So sichern Sie Ihren gewerblichen Mietvertrag für noch zu errichtende Räume rechtssicher ab.

IMMOBILIENRECHT

Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.

7/22/20252 min lesen

1. Warum die exakte Bezeichnung so wichtig ist

Bei Gewerberaummietverträgen mit Laufzeiten > 1 Jahr ist zwar die Schriftform nicht mehr vorgeschrieben. Trotzdem ist es sinnvoll dass der Vertrag eine eindeutig bestimmbare Mietsache formuliert. Wird der Gegenstand – wie bei der „Vermietung vom Reißbrett“ – nicht greifbar beschrieben, droht:

  • ein Rücktritt des Mieters,

  • Streit über Flächenabweichungen,

  • Verlust von Finanzierungssicherheit, weil Grundpfandrechtsgläubiger klare Objektangaben verlangen.

2. Die Mindestangaben für noch zu errichtende Räume

  • Grundstücksangaben: Flurstück, Gemarkung, Grundbuchblatt.

  • Baugenehmigung: Behörde, Datum, Aktenzeichen.

  • Lageplan: farblich markierter Standort des Gebäudes.

  • Grundrisskonvolut: farbige Einzeichnungen der vermieteten Flächen.

  • Flächenplan: tabellarische Aufstellung aller Mietflächen mit Quadratmetern und Berechnungsmethode (z. B. DIN 277 oder GIF-MF/G).

3. Anlagen richtig einbinden

  • Körperliche Verbindung: Heften oder Binden der Anlagen an die Vertragsurkunde ist die sicherste Variante.

  • Gedankliche Verbindung: Gegenseitige, eindeutige Bezugnahmen („Diese Baugenehmigung ist Anlage 1 zum Mietvertrag vom …“).

  • Nachträge müssen die ursprünglichen Anlagen ebenfalls zweifelsfrei referenzieren, damit die Urkundeneinheit nicht verloren geht.

Tipp: Setzen Sie im Vertrag eine Klausel, die ausdrücklich bestätigt, dass alle genannten Anlagen vor Unterzeichnung übergeben wurden und Bestandteil des Vertrags sind.

4. Mietfläche korrekt festlegen – Streit vermeiden

Im Gewerbemietrecht fehlt eine gesetzliche Definition der Mietfläche. Praxisüblich sind:

  • DIN 277 Teil 1 – misst Brutto-Grundflächen.

  • GIF-Richtlinie MF/G – unterscheidet Mietfläche I (ohne Funktionsflächen) und Mietfläche II (mit Funktionsflächen).

Nennen Sie die gewählte Norm ausdrücklich und fügen Sie den Flächenplan als Anlage bei. Vereinbaren die Parteien zusätzlich ein gemeinsames Aufmaß, kann die „wahre“ Größe vertraglich verbindlich festgeschrieben werden. So wird der/die Vermieter/in bei späteren Abweichungen nicht mit Minderungen konfrontiert.

5. Beschaffenheitsvereinbarung & Baufortschritt

Die Baubeschreibung bildet eine Beschaffenheitsvereinbarung (§§ 535 ff. BGB). Jede negative Abweichung hiervon ist rechtlich ein Mangel – unabhängig davon, ob sich der Mangel bereits auf die Nutzung auswirkt.

  • Halten Sie Spielräume fest: Ein einseitiges Anpassungsrecht des Vermieters (innerhalb definierter Toleranzen) schafft Flexibilität.

  • Verknüpfen Sie den Mietbeginn mit der vollständigen Fertigstellung, um Zeitverzug sachgerecht abzubilden.

  • Erwägen Sie Vertragsstrafen oder Sicherheiten (z. B. Bürgschaft), falls die bauliche Fertigstellung einseitig beim Mieter liegt.

6. Gemeinschafts- vs. Exklusivflächen

Gemeinschaftsflächen (Treppenhaus, Aufzüge, Verkehrswege) werden zwar regelmäßig mitgenutzt, aber nicht mitvermietet. Das verhindert Besitzschutzansprüche des Mieters (§ 861 BGB) und bleibt für den Vermieter flexibilisierbar. Weisen Sie diese Differenzierung klar im Grundrissplan aus.

7. Praxis-Checkliste für Ihren Vertrag

  • Grundstück exakt bezeichnet?

  • Baugenehmigung vollständig referenziert?

  • Lage- und Grundrisspläne als Anlagen verbunden?

  • Flächenberechnungsmethode genannt & Flächenplan beigefügt?

  • Baubeschreibung & Toleranzklauseln integriert?

  • Mietbeginn an Fertigstellung geknüpft?

  • Nachmess- oder Schiedsklausel vereinbart?

  • Gemeinschaftsflächen ausdrücklich ausgeschlossen?

  • Anlagen körperlich oder gedanklich sicher verbunden?

8. Fazit

Eine detailgenaue Objektbeschreibung ist das Fundament jedes gewerblichen Mietvertrags über noch zu errichtende Räume. Wer Lageplan, Grundriss und Baubeschreibung sauber als Anlagen einbindet und die Mietfläche transparent nach anerkannten Normen festlegt, vermeidet Flächenstreitigkeiten und wirtschaftliche Überraschungen.