Maklervertrag mit Bürokosten-Klausel komplett unwirksam
Eine Klausel im Maklervertrag mit Bürokosten-Klausel kann komplett unwirksam sein. Erfahren Sie, warum solche Klauseln rechtlich problematisch sind und wie sich Betroffene schützen können.
Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.
6/30/20253 min lesen
Praxisfall – „11.500 Euro Rechnung für aufgegebenen Hausverkauf"
Ein Hausbesitzer beauftragt eine Immobilienmaklerin mit dem Verkauf seines Einfamilienhauses für 695.000 Euro. Nach vier Monaten gibt er seine Verkaufsabsicht auf – unvorhersehbare Umstände machen einen kurzfristigen Verkauf unmöglich. Die Maklerin stellt daraufhin 11.454 Euro in Rechnung: 282 Euro Fremdkosten und über 11.000 Euro für 168 Arbeitsstunden à 66,50 Euro. Der Hausbesitzer zahlt zunächst 6.282 Euro, fordert das Geld aber später zurück. Das OLG Frankfurt gab ihm Recht: Die AGB-Klausel zum Aufwendungsersatz ist komplett unwirksam.
Wegweisende Entscheidung zu Makler-AGB
Das OLG Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 23. Oktober 2024 (19 U 134/23) wichtige Grenzen für Aufwendungsersatzklauseln in Maklerverträgen gezogen. Die zentrale Botschaft: Makler können in AGB nur konkrete Aufwendungen abrechnen – nicht ihre allgemeinen Geschäftskosten.
Die vier zentralen Erkenntnisse für Immobilieneigentümer
Nur konkrete Aufwendungen sind erstattungsfähig
Makler können in AGB nur solche Kosten verlangen, die konkret durch den einzelnen Auftragentstanden sind. Dazu gehören:
Reisekosten für Besichtigungen
Post- und Versandkosten
Veröffentlichungsgebühren für Anzeigen
Externe Gutachten oder Fotos
Bürokosten sind keine konkreten Aufwendungen
Anteilige Bürokosten sind laufende Gemeinkosten, die beim Makler ohnehin anfallen. Sie entstehen nicht speziell durch einen einzelnen Auftrag und sind daher in AGB-Klauseln unzulässig. Das gilt auch für:
Miete für Büroräume
Software und Geräte
Allgemeine Verwaltungskosten
Unwirksame Klauseln führen zur Gesamtunwirksamkeit
Enthält eine AGB-Klausel sowohl zulässige als auch unzulässige Kostenpositionen, wird die gesamte Klausel unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion ist nicht möglich – sonst könnten Makler risikolos überhöhte Forderungen stellen.
Aufgabe der Verkaufsabsicht ist kein Vertragsbruch
Eigentümer dürfen ihre Verkaufsabsicht jederzeit und ohne Angabe von Gründen aufgeben. Das ist keine Pflichtverletzung, sondern Ausdruck der Abschlussfreiheit. Wichtig: Den Makler rechtzeitig informieren, um weitere Kosten zu vermeiden.
Rechtlicher Hintergrund: § 652 BGB und AGB-Kontrolle
Grundprinzip des Maklervertrags
Der Maklervertrag ist erfolgsabhängig – nur bei erfolgreichem Verkauf gibt es Provision. Dieses Leitbild schützt Auftraggeber vor dem unternehmerischen Risiko des Maklers.
AGB-Kontrolle nach § 307 BGB
Aufwendungsersatzklauseln in AGB sind nur wirksam, wenn sie:
sich auf konkrete Aufwendungen beschränken
nicht das allgemeine Geschäftsrisiko auf den Kunden abwälzen
dem Leitbild des Maklervertrags entsprechen
Der konkrete Fall: Warum die Klausel unwirksam war
Die streitige AGB-Klausel
Ziffer 6 des Maklervertrags sah vor, dass bei Aufgabe der Verkaufsabsicht konkrete Aufwendungen zu erstatten sind, darunter:
Personalkosten
Anteilige Bürokosten
Leistungen Dritter
OLG-Bewertung: Verschleierte Pauschalgebühr
Das Gericht erkannte: Unter dem Begriff "anteilige Bürokosten" versteckte sich eine Umlage der allgemeinen Geschäftskosten auf den Kunden. Die Maklerin hatte 24 Euro pro Arbeitsstunde für "Büro und Büroausstattung" berechnet – faktisch eine erfolgsunabhängige Provision.
Praktische Auswirkungen für Immobilieneigentümer
Für Verkäufer: Neue Rechtssicherheit
AGB-Klauseln kritisch prüfen vor Vertragsunterzeichnung
Pauschale Aufwendungsersätze sind meist unwirksam
Bei überhöhten Forderungen Rückzahlung verlangen
Verkaufsabsicht kann jederzeit aufgegeben werden
Für Makler: Vertragsgestaltung überdenken
Konkrete Kostenpositionen einzeln auflisten
Bürokosten nicht als Aufwendungen deklarieren
Erfolgsabhängige Vergütung im Vordergrund
Transparente Kostenaufstellung bei Rechnungen
Abgrenzung: Wann ist Aufwendungsersatz berechtigt?
Zulässige Kostenpositionen
Fahrtkosten zu Besichtigungsterminen
Professionelle Fotos speziell für das Objekt
Gutachten oder Energieausweise
Anzeigenkosten in Portalen oder Zeitungen
Notarkosten bei Beurkundungen
Unzulässige Kostenpositionen
Bürokosten und Miete
Allgemeine Personalkosten
Software-Lizenzen
Telefon- und Internetkosten
Verwaltungsaufwand
Vertragsgestaltung: So schützen Sie sich als Eigentümer
Vor Vertragsabschluss prüfen
AGB-Klauseln zu Aufwendungsersatz genau lesen
Konkrete Kostenpositionen hinterfragen
Pauschale Stundensätze kritisch bewerten
Rechtliche Beratung bei unklaren Formulierungen
Während der Zusammenarbeit
Kostenvoranschläge für größere Aufwendungen verlangen
Belege für alle Ausgaben einfordern
Änderungen der Verkaufsabsicht sofort mitteilen
Schriftliche Kommunikation dokumentieren
Grenzen der Entscheidung
Nur AGB-Klauseln betroffen
Das Urteil betrifft nur Allgemeine Geschäftsbedingungen. Individuell ausgehandelte Aufwendungsersatzklauseln können weiterhin wirksam sein – unterliegen aber strengeren Anforderungen.
Schadensersatz bleibt möglich
Bei schuldhaften Pflichtverletzungen des Auftraggebers können Makler weiterhin Schadensersatz nach §§ 280 ff. BGB verlangen. Das setzt aber konkretes Verschulden voraus.
Checkliste: AGB-Klauseln richtig bewerten
Warnsignale bei Maklerverträgen:
"Anteilige Bürokosten" oder "Gemeinkosten"
Pauschale Stundensätze ohne Aufschlüsselung
"Verwaltungsaufwand" oder "Bearbeitungsgebühren"
Aufwendungsersatz "unabhängig vom Verschulden"
Zulässige Formulierungen:
"Konkret angefallene Fremdkosten"
"Nachgewiesene Auslagen für das Objekt"
"Externe Dienstleister mit Rechnung"
"Fahrtkosten nach Kilometerpauschale"
Unser Angebot: Maklervertrags-Check vor Unterschrift
Vermeiden Sie teure Überraschungen durch unwirksame AGB-Klauseln.
Leistungspaket Maklervertrag-Prüfung:
Rechtliche Bewertung aller AGB-Klauseln
Prüfung von Aufwendungsersatz-Regelungen
Empfehlungen für Vertragsverhandlungen
Muster für wirksame Alternativklauseln