Kündigungsgründe nach § 1 KSchG: Ein kurzer Überblick
Die drei Kündigungsgründe des § 1 KSchG – betriebs-, personen- und verhaltensbedingt – praxisnah erklärt: Voraussetzungen, Prüfungsschritte, Tipps für Arbeitgeber.
ARBEITSRECHT
Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.
7/22/20252 min lesen
1. Was sagt § 1 KSchG?
Sobald das Kündigungsschutzgesetz gilt (mehr als 6 Monate Betriebszugehörigkeit und regelmäßig über 10 Arbeitnehmer), darf der Arbeitgeber nur kündigen, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. § 1 Abs. 2 KSchG nennt hierfür drei abschließende Gründe:
Personenbedingte Gründe
Verhaltensbedingte Gründe
Betriebliche Erfordernisse
Erfüllt keiner dieser Gründe die gesetzlichen Anforderungen, ist die Kündigung unwirksam.
2. Personenbedingte Kündigung
Hier fehlt es an Eignung oder Fähigkeit des Arbeitnehmers, die Arbeitsleistung zukünftig zu erbringen. Beispiele:
Langzeiterkrankung ohne positive Gesundheitsprognose
Entzug der Fahrerlaubnis bei Berufskraftfahrern
Verlust zwingender Berufszulassungen (z. B. Arztapprobation)
Prüfungsschema:
Negative Zukunftsprognose der Leistungsfähigkeit
Interessenabwägung (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Fehlzeiten)
Keine mildere Maßnahme möglich (Versetzung, Umschulung)
3. Verhaltensbedingte Kündigung
Voraussetzung ist eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, die auch künftig zu Störungen führt. Typische Fälle:
Arbeitsverweigerung, beharrliche Unpünktlichkeit
Diebstahl oder Betrug zulasten des Arbeitgebers
Beleidigung von Vorgesetzten
Erforderlich ist grundsätzlich eine wirksame Abmahnung als Warnschuss, es sei denn, das Fehlverhalten wiegt so schwer, dass eine Fortsetzung unzumutbar ist (z. B. Griff in die Kasse).
4. Betriebsbedingte Kündigung
Die Gründe liegen in der Sphäre des Arbeitgebers:
Unternehmerentscheidung (z. B. Personalabbau, Standortschließung)
Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes
Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem freien Arbeitsplatz
Zusätzlich muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung durchführen (§ 1 Abs. 3 KSchG).
5. Schritt-für-Schritt-Checkliste für Arbeitgeber
Greift das KSchG? (Betrieb > 10 MA & Wartezeit erfüllt)
Welcher Kündigungsgrund liegt vor? (Person, Verhalten, Betrieb)
Personenbedingt: Zukunftsprognose, milderes Mittel?
Verhaltensbedingt: Abmahnung, Verschulden, Verhältnismäßigkeit?
Betriebsbedingt: Unternehmerentscheidung dokumentiert, Weiterbeschäftigung unmöglich, Sozialauswahl sauber?
Betriebsrat ordnungsgemäß angehört (§ 102 BetrVG)?
Schriftform und ordnungsgemäße Unterschrift gewahrt?
6. Praxistipps zur Risikominimierung
Lückenlose Dokumentation – besonders bei personen- und betriebsbedingten Kündigungen.
Abmahnungen klar, konkret und zeitnah aussprechen.
Bei Umstrukturierungen frühzeitig Sozialplan- und Transfermaßnahmen prüfen.
Kündigungsfrist einhalten, Sonderkündigungsschutz (Schwangerschaft, Schwerbehinderung, Betriebsrat) beachten.
7. Fazit
§ 1 KSchG setzt klare Grenzen für Kündigungen: Nur drei gesetzlich anerkannte Gründe tragen eine ordentliche Kündigung. Wer die strengen Prüfungsmaßstäbe und Formalien sorgfältig beachtet, reduziert Prozessrisiken erheblich und sorgt für rechtssichere Entscheidungen.