Grunddienstbarkeiten: Rechte, Risiken und Chancen
Grunddienstbarkeiten einfach erklärt: Arten, Bestellung, Löschung, typische Risiken und wertvolle Tipps für Eigentümer – Ihr umfassender Leitfaden für sicheres Immobilienrecht.
Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.
7/25/20252 min lesen
Grunddienstbarkeiten sind zentrale Bausteine des deutschen Sachenrechts. Sie regeln, wie ein Grundstück (das „dienende“ Grundstück) zugunsten eines anderen (des „herrschenden“ Grundstücks) genutzt, eingeschränkt oder belastet wird (§§1018 ff. BGB). Für Mandantinnen und Mandanten stellen sie häufig komplexe juristische Hürden dar.
1. Was ist eine Grunddienstbarkeit?
Dingliches Recht: Belastet ein Grundstück so, dass dessen Eigentümer bestimmte Nutzungen dulden, Handlungen unterlassen oder Rechte nicht ausüben dürfen.
Akzessorisch zum Grundstück: Das Recht „klebt“ am Grundstück und geht bei jedem Eigentumswechsel automatisch auf den neuen Eigentümer über.
Eintragungspflicht: Entsteht erst durch notarielle Beurkundung und Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs.
2. Typische Arten von Grunddienstbarkeiten
Wegerecht: Betreten oder Befahren des dienenden Grundstücks zur Erschließung des herrschenden Grundstücks.
Leitungsrecht: Verlegen, Betreiben und Warten von Strom-, Gas- oder Wasserleitungen.
Überbaurecht: Zulässiges Hinausragen von Gebäudeteilen über die Grenze.
Bebauungs- bzw. Unterlassungsrecht: Verbot, bestimmte Gebäudearten zu errichten oder bestimmte Nutzungen vorzunehmen.
Immissionsrecht: Duldung erhöhter Geräusch- oder Geruchseinwirkungen (selten, aber zulässig, sofern konkret gefasst).
3. Bestellung Schritt für Schritt
Einigung der Eigentümer über Inhalt, Lage und Umfang der Dienstbarkeit (§873 BGB).
Notarielle Beurkundung des Grundschuld- bzw. Dienstbarkeitsbestellungsvertrags.
Grundbucheintragung auf dem dienenden Grundstück; erst dann entsteht das Recht wirksam.
Kosten: Notar- und Grundbuchgebühren liegen meist zwischen 0.5% und 1.0% des Grundstückswerts – ein häufig unterschätzter Posten.
4. Rechte und Pflichten der Beteiligten
Eigentümer des herrschenden Grundstücks
Ausübung des eingeräumten Rechts hat in schonender Weise (§1020 BGB) zu erfolgen.
Der Eigentümer des herrschenden Grundstück hat die Instandhaltung von Anlagen, die ausschließlich seinem Vorteil dienen (z. B. Wegbefestigung), vorzunehmen.
Eigentümer des dienenden Grundstücks
Duldungspflicht: Der Eigentümer des dienen Grundstücks muss die Nutzung ermöglichen, darf aber „unverhältnismäßige“ Beeinträchtigungen abwehren.
Verlegungsrecht: Der Eigentümer des dienen Grundstücks kann die Verlegung der Ausübungsstelle verlangen, wenn sie unzumutbar ist (§1023 BGB).
5. Änderung, Verlegung und Löschung
Änderung und/oder Verlegung der Grunddienstbarkeit setzen entweder notarielle Vereinbarung oder – bei Unzumutbarkeit – eine gerichtliche Entscheidung voraus (§1024 BGB).
Löschung der Grunddienstbarkeit ist nur möglich, wenn beide Parteien zustimmen oder wenn das herrschende Grundstück das Recht objektiv nicht mehr benötigt (§§875, 1019 BGB).
Verjährung: Das dingliche Recht verjährt nicht; nur einzelne Ansprüche (z. B. Beseitigung) unterliegen Regelverjährung.
6. Häufige Stolpersteine in der Praxis
Unklare Formulierungen im Grundbuch („Fuß- und Fahrrecht“ ohne Detailplan) führen zu Auslegungsstreitigkeiten vor Gericht.
Nicht eingetragene Dienstbarkeiten (bloße privatrechtliche Vereinbarungen) binden Erwerber nicht.
Überdehnung: Nutzung, die über den eingetragenen Umfang hinausgeht, kann Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche auslösen.
7. Handlungsempfehlungen für Mandanten
Due-Diligence beim Kauf: Grundbuchauszug und evtl. Dienstbarkeitspläne vor Beurkundung rechtlich prüfen lassen.
Präzise Vertragsgestaltung: Lagepläne, Nutzungsbreite, Unterhaltspflichten der Grunddienstbarkeit klar festschreiben.
Konfliktpotenzial minimieren: Schonende Ausübung dokumentieren (Fotos, Wartungsprotokolle).
8. Fazit
Grunddienstbarkeiten schaffen dauerhafte Nutzungsrechte, verlangen aber exakte Gestaltung und sorgfältige Prüfung. Klare Grundbuchtexte, vorausschauende Vertragsklauseln und anwaltliche Begleitung schützen Mandanten vor kostspieligen Streitigkeiten.