BGH-Urteil: Schlüsseleinwurf in Vermieterbriefkasten lässt Verjährung beginnen
BGH entscheidet: Der Einwurf des Wohnungsschlüssels (Schlüsseleinwurf in den Vermieterbriefkasten kann die Verjährung von Ansprüchen auslösen. Lesen Sie, was Mieter und Vermieter jetzt beachten müssen und welche rechtlichen Folgen drohen.
Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.
6/28/20253 min lesen
Praxisfall – „Schlüssel im Briefkasten, Ansprüche verjährt"
Ein Gewerbemieter kündigt im März 2020 seinen Mietvertrag „zum nächstmöglichen Zeitpunkt", übersieht aber die vereinbarte Kündigungsfrist. Das Mietverhältnis läuft eigentlich bis Juni 2021. Trotzdem räumt er bereits am 31. Dezember 2020 die Halle und wirft die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Dieser protestiert sofort schriftlich: Die Rückgabe erfolge gegen seinen Willen, er sei nicht empfangsbereit. Im Juni 2021 entdeckt er Schäden an der Mietsache und fordert über 30.000 Euro Schadensersatz. Doch der BGH entschied: Die Ansprüche sind bereits verjährt.
Wegweisende Entscheidung zur Verjährung von Vermieteransprüchen
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 29. Januar 2025 (XII ZR 96/23) eine wichtige Klarstellung zur kurzen Verjährungsfrist bei Schadensersatzansprüchen von Vermietern getroffen. Die zentrale Botschaft: Auch ein ungewollter Schlüsseleinwurf kann die Verjährung in Gang setzen.
Die drei zentralen Leitsätze des BGH
Rückerhalt erfordert Besitzwechsel
Der Rückerhalt der Mietsache im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus. Nur durch die unmittelbare Sachherrschaft wird er in die Lage versetzt, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen zu machen.
Verjährung beginnt auch vor Mietvertragsende
Für den Verjährungsbeginn ist der Rückerhalt der Mietsache auch dann maßgeblich, wenn der Mietvertrag noch nicht beendet ist. Ein Anspruch nach § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB kann bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren.
Schlüsseleinwurf kann ausreichen
Zum Rückerhalt der Mietsache bei Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters – auch gegen dessen erklärten Willen, solange er die Schlüssel nicht zurückgibt.
Rechtlicher Hintergrund: § 548 BGB im Detail
Die kurze Verjährungsfrist
Nach § 548 Abs. 1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Diese kurze Frist soll eine rasche Auseinandersetzung zwischen den Mietvertragsparteien gewährleisten.
Voraussetzungen für den „Rückerhalt"
Vollständige Besitzaufgabe durch den Mieter
Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters
Möglichkeit zur ungestörten Untersuchung der Mietsache
Kenntnis des Vermieters von der Besitzaufgabe
Der konkrete Fall: Wann beginnt die Verjährung?
Schlüsseleinwurf am 31. Dezember 2020
Die Beklagte warf die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Klägers. Damit gab sie den Besitz vollständig auf und verschaffte dem Vermieter ungehinderten Zugriff auf die Mieträume.
Protest des Vermieters am 7. Januar 2021
Der Vermieter erklärte schriftlich, die Rückgabe erfolge gegen seinen Willen. Entscheidend: Er gab die Schlüssel nicht zurück, sondern behielt sie.
BGH-Bewertung: Besitzwille trotz Protest
Das Gericht sah im Behalten der Schlüssel einen Besitzwillen des Vermieters. Sein Protest richtete sich nur gegen den Verlust von Mietzahlungsansprüchen, nicht gegen die Erlangung des unmittelbaren Besitzes.
Praktische Auswirkungen für Vermieter und Mieter
Für Vermieter: Schnelles Handeln erforderlich
Sofortige Objektprüfung nach Schlüsselerhalt
Dokumentation aller Mängel binnen weniger Wochen
Rechtliche Schritte innerhalb von sechs Monaten einleiten
Verjährungshemmung durch Mahnbescheid oder Klage rechtzeitig beantragen
Für Mieter: Verjährungsschutz nutzen
Schlüsselrückgabe dokumentieren (Datum, Art der Übergabe)
Sechsmonatsfrist im Blick behalten
Verjährungseinrede bei verspäteten Forderungen erheben
Andere Ansprüche (Miete, Nebenkosten) bleiben unberührt
Vertragsgestaltung: Risiken minimieren
Klare Rückgaberegelungen
Gemeinsame Abnahme vertraglich vereinbaren
Übergabeprotokoll als Pflicht festschreiben
Schlüsselrückgabe nur gegen Empfangsbestätigung
Verjährungsfristen transparent kommunizieren
Besondere Kündigungssituationen
Bei strittigen Kündigungsfristen Zwischenlösungen vereinbaren
Mietfortzahlung trotz Schlüsselrückgabe klarstellen
Schadensersatzansprüche von anderen Ansprüchen trennen
Unterschied zu Wohnraummietrecht
Die Grundsätze gelten sowohl für Wohn- als auch Gewerberaum. Bei Verbrauchern können jedoch strengere Aufklärungs- und Dokumentationspflichten bestehen.
Verfahrenstaktik: Verjährung durchsetzen
Für Mieter bei Vermieteransprüchen
Verjährungseinrede ausdrücklich erheben
Zeitpunkt der Schlüsselrückgabe genau dokumentieren
Kenntniserlangung des Vermieters nachweisen
Sechsmonatsfrist exakt berechnen
Für Vermieter bei drohender Verjährung
Mahnbescheid als schnellste Hemmungsmaßnahme
Klageerhebung bei strittigen Ansprüchen
Beweissicherung durch Sachverständigen
Schadensschätzung für Vergleichsverhandlungen
Unser Angebot: Mietrechtsberatung bei Verjährungsfragen
Sichern Sie Ihre Ansprüche rechtzeitig oder nutzen Sie Verjährungsschutz strategisch.
Leistungspaket Verjährungsberatung:
Prüfung des Verjährungsbeginns
Bewertung von Schadensersatzansprüchen nach § 548 BGB
Strategische Beratung zu Hemmungsmaßnahmen
Durchsetzung oder Abwehr von Vermieteransprüchen