BGH-Urteil: Mieterhöhung bei Wohnung mit Stellplatz – auch für geförderten Wohnraum zulässig
BGH bestätigt: Mieterhöhung sind auch bei Wohnungen mit Stellplatz und für geförderten Wohnraum zulässig. Erfahren Sie, worauf Mieter und Vermieter jetzt achten müssen und welche rechtlichen Vorgaben gelten
Rechtsanwalt Juri Klein LL.M.
6/29/20253 min lesen
Praxisfall – „7,50 Euro mehr für den Stellplatz in München"
Eine Vermieterin in München vermietet eine 93,67 m² große 4-Zimmer-Wohnung mit Tiefgaragen-Stellplatz aus dem Jahr 2008. Die Wohnung unterliegt der einkommensorientierten Förderung (EOF). Im Oktober 2021 verlangt sie eine Mieterhöhung: Die Wohnungsmiete soll von 1.062,43 Euro auf 1.180,29 Euro steigen, die Stellplatzmiete von 50 Euro auf 57,50 Euro. Die Mieter stimmen nur der Wohnungserhöhung zu – den Stellplatz sehen sie als separates Mietverhältnis. Doch der BGH entschied: Auch für den Stellplatz gelten die Wohnraummietregeln.
Wegweisende Entscheidung zur Mieterhöhung bei Mischmietverhältnissen
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Hinweisbeschluss vom 22. Oktober 2024 (VIII ZR 249/23) wichtige Klarstellungen zur Mieterhöhung bei einheitlichen Mietverhältnissen über Wohnung und Stellplatz getroffen. Die zentrale Botschaft: Auch geförderte Wohnungen mit Stellplatz können nach Wohnraummietrecht erhöht werden.
Die vier zentralen Erkenntnisse für Vermieter und Mieter
Einheitliches Mietverhältnis trotz getrennter Mietausweisung
Werden Wohnung und Stellplatz in einem Mietvertrag vermietet, liegt ein einheitliches Mietverhältnis vor – auch wenn die Miete getrennt ausgewiesen ist. Die separate Auflistung ist nur eine Offenlegung der Kalkulationsgrundlage, nicht die Schaffung zweier Mietverhältnisse.
Wohnraummietrecht gilt für den gesamten Mietgegenstand
Bei einheitlichen Mietverhältnissen mit eindeutigem Wohnschwerpunkt gelten die §§ 558 ff. BGB für den gesamten Mietgegenstand. Der Stellplatz unterliegt damit dem sozialen Mieterschutz des Wohnraummietrechts.
Vergleichsstellplätze als zulässiges Begründungsmittel
Zur Begründung einer Stellplatz-Mieterhöhung können Vergleichsstellplätze herangezogen werden, obwohl § 558a Abs. 2 BGB diese nicht ausdrücklich nennt. Die Vorschrift enthält keine abschließende Aufzählung der Begründungsmittel.
EOF-Förderung hindert Mieterhöhung nicht
Die einkommensorientierte Förderung steht einer Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht entgegen, solange die höchstzulässige Miete und sonstige Förderbedingungen eingehalten werden.
Rechtlicher Hintergrund: Wann liegt ein einheitliches Mietverhältnis vor?
Entscheidende Kriterien
Gemeinsamer Mietvertrag für Wohnung und Stellplatz
Wohnnutzung überwiegt deutlich (hier: 93,67 m² Wohnung vs. ein Stellplatz)
Mietverteilung zeigt klaren Wohnschwerpunkt (hier: über 95% der Miete entfällt auf die Wohnung)
Vertragsgemäße Nutzung zu Wohnzwecken steht im Vordergrund
Abgrenzung zu getrennten Mietverhältnissen
Separate Mietverhältnisse liegen vor bei:
Getrennten Mietverträgen ohne rechtlichen Bezug zueinander
Verschiedenen Vermietern für Wohnung und Stellplatz
Überwiegend gewerblicher Nutzung des Gesamtobjekts
Der konkrete Fall: Münchener Mieterhöhung im Detail
Ausgangslage
Mietvertrag vom 15.5.2008 über Wohnung und Stellplatz
EOF-geförderte Wohnung (einkommensorientierte Förderung)
Getrennte Mietausweisung: 1.062,43 € (Wohnung) + 50 € (Stellplatz)
Letzte Mieterhöhung: Februar 2019
Erhöhungsverlangen vom 1.10.2021
Wohnungsmiete: Erhöhung um 117,36 € auf 1.180,29 € (begründet mit Mietspiegel München 2021)
Stellplatzmiete: Erhöhung um 7,50 € auf 57,50 € (begründet mit vier Vergleichsstellplätzen von 60-86 €)
Gesamterhöhung: 124,86 € monatlich
BGH-Bewertung
Das Gericht sah die Erhöhung als vollständig berechtigt an, da:
Die 15-Monats-Sperrfrist eingehalten wurde
Die Kappungsgrenze beachtet wurde
Die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten wurde
Die Begründung formal ausreichend war
Praktische Auswirkungen für Immobilieneigentümer
Für Vermieter: Neue Möglichkeiten
Stellplatz-Mieterhöhungen nach Wohnraummietrecht möglich
Vergleichsstellplätze als Begründungsmittel zulässig
Geförderte Wohnungen nicht automatisch von Erhöhungen ausgenommen
Einheitliche Erhöhung für Wohnung und Stellplatz erforderlich
Begründungsanforderungen
Wohnungsanteil: Mietspiegel oder andere Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB
Stellplatzanteil: Vergleichsstellplätze mit ähnlicher Lage und Ausstattung
Formelle Anforderungen: Textform, Begründung, Fristen beachten
Praktische Auswirkungen für Mieter
Schutz durch Wohnraummietrecht
Kappungsgrenze gilt für die Gesamtmiete
15-Monats-Sperrfrist zwischen Erhöhungen
Zustimmungsverweigerung bei überhöhten Forderungen möglich
Härtefallregelungen nach § 558 Abs. 3 BGB anwendbar
Prüfungsmöglichkeiten für Mieter
Vergleichsmieten für ähnliche Wohnungen mit Stellplatz recherchieren
Stellplatzpreise in der Nachbarschaft ermitteln
Formelle Mängel des Erhöhungsverlangens prüfen
Förderbedingungen bei geförderten Wohnungen beachten
Vertragsgestaltung: Risiken minimieren
Für Vermieter
Klare Regelungen zur Mieterhöhung im Vertrag
Dokumentation der Stellplatzausstattung (Tiefgarage, überdacht, etc.)
Regelmäßige Marktbeobachtung für Vergleichsmieten
Förderbedingungen bei geförderten Wohnungen beachten
Für Mieter
Vertragsinhalt genau prüfen: Ein oder zwei Mietverhältnisse?
Stellplatz-Konditionen dokumentieren
Marktmieten regelmäßig beobachten
Rechtsberatung bei unklaren Erhöhungsverlangen
Offene Rechtsfragen nach dem BGH-Beschluss
Der BGH ließ bewusst offen, ob bei einheitlichen Mietverhältnissen:
Getrennte Ermittlung (Mietspiegel für Wohnung + Stellplatzvergleiche) oder
Gesamtbetrachtung (Vergleichsmiete für Wohnung mit Stellplatz) maßgeblich ist
Praktische Empfehlung: Beide Methoden anwenden und die für den Vermieter günstigere wählen.
Auswirkungen auf andere Mischmietverhältnisse
Die Grundsätze gelten auch für:
Wohnung mit Garage
Wohnung mit Garten/Terrasse
Wohnung mit Kellerraum
Wohnung mit Dachboden
Unser Angebot: Mieterhöhungsberatung für Mischmietverhältnisse
Setzen Sie Ihre Mieterhöhung rechtssicher durch oder prüfen Sie als Mieter die Berechtigung.
Leistungspaket Mieterhöhungsberatung:
Prüfung der Vertragsgestaltung auf einheitliches Mietverhältnis
Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnung und Stellplatz
Formulierung rechtssicherer Mieterhöhungsverlangen
Bewertung von Mietereinwänden und Härtefällen