BAG: Kündigungszugang durch Briefeinwurf – Anscheinsbeweis bestätigt
BAG 2 AZR 213/23: Kündigung gilt bei Briefeinwurf zu postüblichen Zeiten als zugestellt. Dieser Beitrag erklärt Urteil, Risiken und Tipps für Arbeitgeber & Arbeitnehmer.
Rechtsanwalt Juri Klein, LL.M.
7/23/20251 min lesen
Mit Urteil vom 20.6.2024 (2 AZR 213/23) bekräftigt das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass ein Kündigungsschreiben als zugegangen gilt, wenn es von einem Zusteller der Deutschen Post AG zu postüblichen Zeiten in den Hausbriefkasten eingelegt wird. Der Beweis des ersten Anscheins gilt, solange der Arbeitnehmer keine konkreten atypischen Umstände vorträgt. Für Unternehmen und Beschäftigte klärt das Urteil zentrale Fragen zum Zugang von Kündigungen.
Kernaussagen des Urteils
Anscheinsbeweis: Regelmäßige Zustellroutinen der Deutschen Post AG indizieren den rechtzeitigen Briefeinwurf.
Entkräftung: Der Arbeitnehmer muss konkrete Tatsachen vorbringen, die einen atypischen Verlauf plausibel machen; bloßes Bestreiten genügt nicht.
Zeitpunkt des Zugangs: Fällt der Einwurf in den Briefkasten in die gewöhnlichen Zustellzeiten, beginnt die Kündigungsfrist noch am gleichen Tag zu laufen.
Rechtliche Einordnung
Das BAG stützt sich auf die allgemeinen Beweisgrundsätze (§ 286 ZPO) und konkretisiert, wann ein Zugang gemäß § 130 BGB vorliegt. Der Anscheinsbeweis verlagert die Darlegungslast auf den Empfänger: Er muss substanzielle Gegenargumente liefern, um das typische Geschehen zu erschüttern. Ohne solche Indizien bleibt es beim Zugang „am Tag X zu üblichen Zeiten“ – eine praxisnahe Lösung für arbeitsrechtliche Streitigkeiten.
Bedeutung für Arbeitgeber
Planungssicherheit: Kündigungsfristen beginnen zuverlässig, wenn die Post routinemäßig zustellt.
Dokumentationspflicht: Arbeitgeber sollten Zustellnachweise (Track-&-Trace, Zustellprotokoll) sichern, um den Anscheinsbeweis notfalls zu untermauern.
Risikominimierung: Briefeinwurf zu Randzeiten vermeiden; so verringert sich das Risiko, dass Arbeitnehmer atypische Umstände behaupten.
Handlungstipps für Arbeitnehmer
Briefkastenzeiten notieren: Abweichungen von üblichen Zustellfenstern (z. B. nächtlicher Einwurf) sofort dokumentieren.
Zeugen sichern: Nachbarn oder Familienmitglieder können atypische Zustellzeiten bezeugen.
Fristkontrolle: Trotz möglicher Zweifel Kündigungsfristen vorläufig einhalten, um Folgerisiken zu vermeiden.
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